„Medien müssen in den Klassenraum“

Die bundesweite Initiative „Keine Bildung ohne Medien“ ist im Herbst erneut mit einer Reihe von bildungspolitischen Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen, um das Thema Medienkompetenz stärker in Politik, Verwaltung und Schulen zu verankern. Zentrale Forderungen betreffen beispielsweise die Stärkung von medienpädagogischen Inhalten in den Lehrplänen aller Schularten und die durchgehende Finanzierung der Maßnahmen – nicht nur in Form von Projekten. bremen digitalmedia hat dies zum Anlass genommen, beim Landesinstitut für Schule (LIS) nachzufragen: Sind die Forderungen bekannt? Was tut Bremen, um Schüler an digitale Medien heranzuführen?

Laut Dr. Rainer Ballnus. Leiter des Zentrums für Medien am LIS, wird das Thema in fünf Handlungsfelder gegliedert:

Anpassung der Bildungspläne

Medienpädagogische Inhalte müssen auf dem Lehrplan stehen, damit sie dauerhaft in den Unterricht integriert werden können. Laut Ballnus ist dies in Bremen bereits im Jahr 2010 stark vorangetrieben worden, als anlässlich der neu eingeführten Oberschule ohnehin die Bildungspläne überarbeitet werden mussten.

Beschaffung, Betrieb und Support der Technik

Eine der größten Hürden besteht für das Haushaltsnotlageland in der Bereitstellung von Computern, Software, Kameras, interaktiven Whiteboards (multimediale Wandtafeln) und anderer Technik. Diese muss auch noch sinnvoll vernetzt und gewartet werden. Eine besondere Thematik stellt dabei die Lernmittelfreiheit in Bremen dar: Einerseits sollen die Eltern nicht für Computer bezahlen müssen, andererseits ist es „aussichtslos zu glauben, dass Bremen die Schulen in größerem Maße mit mobilen Geräten ausstattet“, so Ballnus. Er erwartet, dass in den nächsten Jahren immer mehr Schüler ihre Note- und Netbooks mit in die Schule bringen, wenn diese noch billiger werden, und auf diese Weise irgendwann Fakten geschaffen werden. „Wir müssen dann für einen sozialen Ausgleich sorgen“, betont er. Die gegenwärtig oft praktizierte Lösung mit ein oder zwei EDV-Räumen für die ganze Schule hält Ballnus nicht für förderlich. „Die Medien müssen in den Klassenraum“, fordert er, damit sie regelmäßig in allen Fächern genutzt werden. Für die kreative Medienarbeit bietet das Landesinstitut auch stark nachgefragte Workshops in den „makemedia“-Studios an.

Lehrerqualifizierung

Es genügt nicht, die Hardware hinzustellen. Lehrerinnen und Lehrer müssen zum einen technisch geschult werden, aber noch wichtiger ist das Erlernen der neuen didaktischen Möglichkeiten, die beispielsweise ein interaktives Whiteboard bietet. Großen Handlungsbedarf sieht Ballnus auch bei der Bereitstellung von Handreichungen und Materialsammlungen, damit Lehrerinnen und Lehrer beim Einsatz der neuen Medien unterstützt werden.

Erste und zweite Phase der Lehrerausbildung

Aus Sicht des Landesinstituts für Schule sind dies zwei separate Handlungsfelder: der überwiegend universitäre Teil und das anschließende Referendariat. Ballnus sieht ein erhebliches Defizit in der Lehrerausbildung – es gebe noch keine Pflichtmodule im Bereich Medienbildung. „Da muss man ran“, fordert er. Auch beim Lehrerausbildungsgesetz müssten entsprechende Anpassungen erfolgen. Auf Seiten der Universität Bremen habe man mit der Konrektorin Prof. Heidi Schelhowe und dem Zentrum für Lehrerbildung gute Partner. Grundsätzlich gebe es bei Änderungen der Lehrerausbildung allerdings oft erhebliche Widerstände zu überwinden. „Das ist ein dickes Brett, das man bohren muss.“ Auch wenn dies geschafft sei, würden die Auswirkungen erst Jahre später in der Gesellschaft spürbar sein.
Im bundesweiten Vergleich sieht der Leiter des Medienzentrums das Land Bremen auf einem guten Weg. In vielen anderen Bundesländern würden einzelne Handlungsfelder bearbeitet, aber kaum jemand gehe so umfassend an die Aufgabe heran wie die Hansestadt. Schon vor 10 bis 15 Jahren sei ein erster Rahmenplan Medienbildung erarbeitet und im vergangenen Jahr mit dem Zehn-Punkte-„Masterplan Medienbildung“ ein umfassendes Gesamtkonzept entwickelt worden. Im Frühjahr 2011 habe Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper dann den Startschuss für die Abarbeitung dieses umfassenden, auf vier Jahre angelegten Maßnahmenplans gegeben.
Das Ziel ist dabei nicht nur die Stärkung der Medienkompetenz der Schüler, sondern in gleichem Maße die Nutzung des Potenzials der digitalen Medien zur Unterstützung des Unterrichts in allen Fächern. Aber auch die internen Arbeitsabläufe der Schulen können vom Einsatz digitaler Medien profitieren.
Für Unternehmen, die den Prozess beschleunigen möchten, bietet sich einerseits die Möglichkeit eines Sponsorings von dringend benötigter Technik. „Wir müssen erreichen, dass jedes Kind in der Schule jeden Tag mindestens 45 Minuten mit digitalen Medien arbeiten kann“, so Ballnus. Die Unterstützung kann aber auch in Form von ehrenamtlichen Tätigkeiten erfolgen, denn Know-how wird überall gebraucht.

Kontakt: Dr. Rainer Ballnus: rballnus@lis.bremen.de