M wie Mathematik: Warum sie so viel spannender ist als ihr Ruf
Wir sind das „I“. Also das „I“ in MINT. Über die Informatik berichten wir als IT-Branchenverband regelmäßig. Aber was ist mit den anderen drei Bereichen? Am 15. November 2023 ist MINT-Tag im Land Bremen. Ein guter Anlass für uns, sich mit dem M wie Mathematik etwas näher zu befassen und mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen. „Mathe konnte ich auch nie“ oder „Mathe ist egal, braucht später eh keine*r“ – die vermeintliche Unlust zur Mathematik zieht sich quer durch alle Generationen. Das soll sich nun ändern: In Bremen gibt es spannende Ansätze und Projekte, um nicht nur junge Menschen für Mathematik zu begeistern.
„Mathe ist schwer, weil alle glauben, dass Mathe schwer ist.“ Das sei in Deutschland inzwischen zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung geworden, sagt Professor Dr. Christof Büskens vom Zentrum für Industriemathematik an der Uni Bremen. Er leitet das Forschungs- und Transferprojekt #MOIN, das am 1. April 2023 gestartet ist. „Wir möchten zeigen, dass (Industrie-)Mathematik für alle zugänglich und voller Chancen ist, von der Schule bis zur Hochtechnologie, von der Wirtschaft bis in die Politik. Wir wollen den Nutzen deutlich machen“, sagt Büskens. „Wenn man zum Beispiel krank ist, ruft man einen Arzt an. Das ist naheliegend. Aber es ruft niemand einen Mathematiker an, wenn er ein technisches Problem hat.“
Von der Lernwerkstatt bis zur mathematischen Stadtführung
Dieses Bewusstsein möchte Büskens ändern. Darum werden über #MOIN verschiedene Zielgruppen angesprochen mit dem Ziel, dass Menschen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft den Nutzen von Mathematik erkennen und sich dafür begeistern. Seit April ist der sogenannte Lenkungsbereich des Projekts dabei, Strukturen zu schaffen, um die einzelnen Formate zu entwickeln und zu koordinieren.
Geplant sind zum Beispiel Forschungstage und Lernwerkstätten, um Schüler*innen und Lehrkräfte zu erreichen (#MATHDAYS). Für die breite Öffentlichkeit soll Mathematik im Alltag aufgezeigt werden und es werden Stadtrallyes sowie mathematische Stadtführungen angeboten (#MATHINSIDE). Innovationsscouts werden an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft als Vermittler*innen tätig. Sie zeigen die vorhandenen Potenziale der Industriemathematik in der Wirtschaft auf und decken gleichzeitig die möglichen Bedarfe in den regionalen Unternehmen auf (#MATHWARE und #MATHUP). Offizieller für diesen sogenannten Werkstattbereich war das Forum Industriemathematik am 26. September, für das mehr als 170 Vertreter*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Bildung angemeldet hatten.
Differenzierter unterrichten, um alltagsnah zu lernen
Auch Dr. Reimund Albers hat sich das Ziel gesetzt, Menschen für Mathematik zu begeistern bzw. junge Menschen mit einem Interesse für Mathematik zu fördern. Sein Vorschlag ist, Mathematik schon in der Schule differenzierter zu unterrichten und den Zugang so einfach und alltagsnah wie möglich zu machen. „Im Musikunterricht geht es ja auch darum, Noten und Melodien zu lernen und Freude an der Musik zu bekommen – ohne den Anspruch zu haben, dass die Kinder später alle in einem Berufsorchester spielen“, sagt Albers. „Diesen Ansatz sollten wir auch in der Mathematik verfolgen und in der Basis mehr Dreisatz, Prozentrechnung und kaufmännisches Rechnen vermitteln. Und für die, die sich wirklich dafür interessieren, sollte man dann tiefer gehenden Unterricht anbieten, aber niemanden dazu verpflichten.“
Albers ist Landesbeauftragter für die Mathematik-Olympiade. Dieser Wettbewerb, der ab der 3. Klasse durchgeführt wird, startet mit der ersten Runde in den Schulen und geht hoch bis auf Bundesebene. In Bremen haben in diesem Jahr rund 1.400 Schüler*innen an der Regionalrunde teilgenommen. Ab der 8. Klasse lösen sich die Aufgaben vom Schulstoff und die Schüler*innen müssen sich konkret darauf vorbereiten. Dafür bietet Albers regelmäßig hybride Seminare für Schüler*innen an und stellt sich dort ganz auf die Anforderungen des Wettbewerbs und den Bedarf der jungen Menschen ein. „Wenn man die Mathematik-Olympiade mit Sport vergleicht, ist es eher Spitzen- als Breitensport“, sagt Albers. „Aber es macht viel Spaß, gemeinsam logisch zu denken, zu kombinieren und den kreativen Umgang mit mathematischem Wissen zu entdecken.“
Über die Mathematik den Weg in die IT gefunden
Genau das ist Margareta Runge bereits gelungen. Sie hat Mathematik an der Uni Bremen studiert und 2015 ihren Master of Science gemacht. Ihre Studienschwerpunkte waren Numerik und Angewandte Mathematik, zusätzlich hat sie Kurse in Informatik und Produktionstechnik belegt. Seit 2021 arbeitet sie als Projektmanagerin bei unserem Mitglied TOPAS Industriemathematik Innovation gGmbH und verantwortet und koordiniert Forschungsprojekte im Bereich des autonomen Fahrens.
Das ist alles andere als langweilig oder trocken. „Den meisten Spaß macht mir die Organisation von größeren Projekttreffen“, sagt Margareta Runge. „Dabei muss ich viele Fäden auf einmal in der Hand halten, beispielsweise müssen Partnerorganisationen und Geldgebende informiert sowie das Projektteam organisiert werden.“
Dass sie heute als Projektmanagerin im IT-Bereich arbeitet, hatte sie zu Beginn ihres Studiums nicht erwartet „Aber ich bin immer meinen Interessen und Veranlagungen gefolgt, und die meisten industriellen Anwendungen von Mathematik haben einen direkten IT-Bezug“, sagt sie. „So habe ich die Vielfalt der IT-Welt kennen gelernt und meinen Weg zum Projektmanagement in der Software-Entwicklung gefunden.“
Weitere interessante Beispiele für Mathematiker*innen, die heute in verschiedensten Branchen arbeiten, gibt es hier.
Weiterführende Links
Projekt MOIN: https://www.uni-bremen.de/moin-industriemathematik
Mathe-Olympiade: https://www.uni-bremen.de/kooperationen/uni-schule/schuelerinnen-und-schueler/begabungsfoerderung/mathe-olympiade
Verein Mathematik in Bremen: https://www.mathematik-in-bremen.de/
Avanja Role Models: https://www.avanja.de/rolemodels/es-gefaellt-mir-die-faeden-in-der-hand-zu-halten/
Hier gelangen Sie zum zweiten Teil der MINT-Serie: n-wie-naturwissenschaften-nutzen-und-nachhaltigkeit