Generation Z: Laut, aber nicht anders?
Sind die jungen Leute von heute wirklich so anders? Oder sind sie einfach nur ehrlicher? Jennifer Ferber erklärt, warum sich Generationen mehr ähneln, als wir denken – und was das für die Arbeitswelt bedeutet.
„Laut, sprunghaft, faul“ – Klischees, die der Generation Z oft nachgesagt werden. Doch wie gerecht sind solche Vorurteile wirklich? Besonders in der Arbeitswelt prägen sie den Umgang mit jungen Menschen – und das in einer Zeit, in der Unternehmen dringend darauf angewiesen sind, altersübergreifende Teams zu formen und Nachwuchstalente für sich zu begeistern. Denn die Realität ist: Bis zu vier Generationen treffen gleichzeitig am Arbeitsplatz aufeinander. Ein Miteinander, das nur gelingt, wenn Verständnis und Wertschätzung auf beiden Seiten wachsen.
Wie dieser Spagat zwischen den Generationen gelingen kann, war Thema der Auftaktveranstaltung unserer neuen Netzwerk-Reihe „Menschen und Arbeit im Wandel“. Impulsgeberin Jennifer Ferber, Digitalisierungsberaterin im Enterprise Europe Network Bremen bei der RKW Bremen GmbH, forderte die 20 Teilnehmenden heraus, bekannte Denkmuster zu hinterfragen. Ihre zentrale These: „Die Generation Z fordert nichts anderes als die Generationen vor ihr – sie fordert es nur lauter.“
Im Interview verrät sie, woran sie das festmacht und welche konkreten Ansätze Unternehmen jetzt verfolgen sollten.
Jennifer, du sagst, dass die Forderungen der Generation Z gar nicht so stark von den Wünschen abweichen, die auch andere Generationen an ihren Arbeitgeber haben. Wo siehst du da konkret Parallelen?
Generationenunabhängig wünschen sich Arbeitnehmende eine gute Feedbackkultur, Möglichkeiten, um flexibel zu arbeiten und vom Gehalt leben zu können. Ganz oben stehen die Bedürfnisse nach einem sicheren Arbeitsplatz und der Wunsch etwas Sinnvolles zu leisten. Bei allen Parallelen: Diese Bedürfnisse zu äußern und auch durchzusetzen unterscheidet die Generation Z von vorherigen Generationen.
Warum gibt es aber dennoch so viel Unverständnis der älteren Generationen gegenüber den Berufseinsteiger*innen?
Das hängt vermutlich damit zusammen, wie Forderungen der jüngeren Generationen formuliert sind und eingefordert werden. Nach dem Motto: Entweder ist arbeiten von Mallorca ist möglich oder ich trete den Job nicht an. Damit Zugeständnisse im Wettbewerb um Mitarbeitende nicht auf Unverständnis der vorhandenen Belegschaft trifft, wäre es gut, einen offenen Dialog im Unternehmen über die Bedürfnisse aller zu öffnen.
Zum anderen höre ich von älteren Generationen immer wieder „Dieses oder jenes war bei uns damals undenkbar! Mit mir hat sich auch keiner hingesetzt und mich gefragt, was ich brauche“ Das stimmt oftmals sicherlich. Wir dürfen aber nicht vergessen: Der demographische Wandel verändert die Arbeitswelt weitreichend. Der Fachkräftemangel macht es nun mal möglich, Bedürfnisse lauter zu formulieren. Ein „Das war bei mir aber auch nicht möglich!“ ist an dieser Stelle weder hilfreich noch sinnvoll!
Gibt es typische Missverständnisse, die sich leicht aufklären lassen, wenn man sie erst einmal erkannt hat?
Absolut! Zum Beispiel, dass Duzen nicht zwangsläufig eine Respektlosigkeit ist und es für regelmäßiges Zuspätkommen manchmal Gründe gibt, für die man Lösungen finden kann. Hier wäre mein Appell, an die älteren Generationen: „Fragt nach!“
Was rätst du Führungskräften, um eine Kultur der Wertschätzung zwischen den Generationen zu fördern? Wie kann der persönliche Austausch zwischen Jung und Alt konkret in einem Unternehmen gefördert werden?
Wichtig ist das Schaffen von Räumen, um miteinander ins Gespräch zu kommen, denn wir wissen oft zu wenig voneinander. Das Einführen regelmäßiger Reflexions- bzw. Feedbacktermine halte ich für wichtig. Eine Chance für Arbeitsteams gegenseitiges Verständnis für gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
Auch Job-Tandems oder Patensysteme mit Menschen, die Lust haben, sich auf eine andere Generation einzulassen, sind toll. Wissen wird ausgetauscht, man kann von den Fähigkeiten und Skills der jeweils anderen Generation lernen, Wissen bleibt im Unternehmen und geht nicht mit in den Ruhestand. Und ganz nebenbei färbt die Dynamik, die in solchen Generationstandems manchmal entstehen kann, auch auf die Menschen ab, die aktuell noch nicht bereit sind, sich darauf einzulassen.
Und welche kleinen Schritte kann jeder Einzelne unternehmen, um die Zusammenarbeit mit Kolleginnen anderer Generationen zu verbessern?
Lasst euch aufeinander ein und versucht, euch ein wenig von Diskussionen um die verschiedenen Generationen zu lösen. Schaut euch die Menschen an, mit denen ihr zusammenarbeiten wollt. Redet miteinander und nicht übereinander und versucht gegenseitig zu verstehen, was den Kollegen oder die Kollegin bewegt.
In der Diskussion, die sich an deinen Impulsvortrag anschloss, schlug ein Teilnehmer vor, jüngere Mitarbeitende stärker in die Gestaltung von Regeln einzubeziehen. Was hältst du von diesem Ansatz?
Das finde ich großartig! Regeln „von oben“ und ohne Austausch in ein Team zu geben, führt selten zu einer guten Atmosphäre und produktiven Ergebnissen. Wenn Jüngere stärker in die Regelgestaltung einbezogen werden, ist das auch ein Zeichen der Wertschätzung.
Das Wichtigste beim Thema Regeln ist die Transparenz. Warum sind Dinge, wie sie sind? Egal ob jünger oder älter: Wenn ich verstehe, warum ich Dinge tun muss, obwohl sie mir vielleicht nicht gefallen, kann ich sie oft besser annehmen.
Kannst du ein Beispiel aus der Praxis teilen, bei dem es gelungen ist, Generationenkonflikte zu überwinden? Was war der Schlüssel zum Erfolg?
Ich möchte hier ungern ein einzelnes Beispiel nennen. Zum einen, weil die Fälle zu komplex sind, um sie in wenigen Sätzen abzubilden. Zum anderen aber auch, weil die Fälle so individuell sind, wie die Bedürfnisse der Menschen, die es betrifft. Am Ende geht es immer um die Bereitschaft, sich aufeinander einlassen zu wollen. Für Unternehmen ist es manchmal hilfreich, sich „einen Blick von außen“ hinzuzuholen.
Abschließend: Du hast in deinem Vortrag von der Kopfstandmethode berichtet. Kannst du nochmal kurz zusammenfassen, wie die funktioniert?
Bei der Kopfstandmethode, die auch unter „Flip-Flop-Methode“ oder „Umkehrmethode“ bekannt ist, formuliert man ein Thema, welches aktuell beschäftigt als Frage. Beispielsweise „Wie sieht unser Miteinander im Team aus, wenn es richtig schlecht läuft?“. Daran schließt sich die Überlegung an, wie das Thema negativ eskalieren könnte, um es so schlimm wie möglich zu machen. Gegenseitiges Anschreien oder das Vorenthalten von Informationen könnten dazu beitragen. An diesem Punkt setzt die Methode an und verkehrt diesen Gedanken ins Gegenteil: Also statt „anschreien“: „Wir kommunizieren wertschätzend und respektvoll miteinander“. Statt „Infos vorenthalten“: „Wir informieren uns zu wichtigen Themen, nehmen alle Mitarbeitenden inhaltlich mit.“ Mein Tipp: Schlechtes und Gutes gegenüberzustellen – am besten schriftlich und plakativ.
Unsere neue Veranstaltungsreihe „Mensch & Arbeit im Wandel | Zukunftsperspektiven“ ist ein Kooperationsprojekt mit unserem Mitglied manymany motion. Bei den Treffen in der Ständigen Vertretung stehen Netzwerken und Austauschen ganz klar im Fokus. Die Idee: Wir als Orga-Team sorgen für inhaltliche Impulse, die Teilnehmenden für die Diskussion im Anschluss. Die Termine für die nächsten beiden Netzwerkabende stehen bereits fest: Sie finden am 21. Januar und 11. März statt.