Robotik-Know-how für die regionale Wirtschaft
Robotik zählt zu den technologischen Trends, die in den kommenden Jahrzehnten massiv an Bedeutung für viele Branchen gewinnen werden. Mit dem Durchbruch der sogenannten „Servicerobotik“ schafft die Technologie zurzeit den Sprung aus den Produktionshallen der Automobilbetriebe und verwurzelt sich in Bereichen wie der Logistik, der Lebensmittelindustrie und dem Gesundheitswesen. In Bremen haben verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen das Thema in den vergangenen Jahren vorangetrieben – ein Ziel des Senats ist es nun, den Transfer dieses vielfältigen Know-hows in die regionale Wirtschaft zu beschleunigen.
Im Jahr 2012 wurde daher die Weiterbildungsinitiative Robotik im Rahmen des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms (BAP) für Bremen und Bremerhaven gestartet. Die Erhöhung der Kompetenz im Einsatz von Robotik- und Automatisierungslösungen soll zum einen die Betriebe im internationalen Wettbewerb stärken, zum anderen aber auch die Verfügbarkeit an Fachkräften mit IT- und Robotik-Know-how sichern – insbesondere in Kombination mit dem Fachwissen aus anderen Branchen wie Logistik oder Lebensmittelindustrie.
Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) wurden daher verschiedene Projekte gefördert, die zum Jahreswechsel 2014/2015 ausgelaufen sind, nun aber in verschiedenen Initiativen fortleben sollen. Ein wichtiger Baustein ist dabei das berufsbegleitende Weiterbildungsprogramm Robotik, das in den kommenden Monaten erstmals an der Universität Bremen startet. Auch der private Bildungsanbieter IQ Bremen will die Erkenntnisse in seine Qualifizierungen einfließen lassen.
Vorteile: Effizienz, Qualität und Gesundheit
In Teilen der Industrie hat sich die Robotik bereits seit Jahrzehnten durchgesetzt – und zwar zuerst dort, wo große Mengen an standardisierten, hochpreisigen Produkten hergestellt werden. Vor allem in der Automobilindustrie sind die Maschinen nicht mehr wegzudenken. Dabei spielen zum einen die wirtschaftlichen Faktoren eine Rolle: Geschwindigkeit, Qualität, Wiederholgenauigkeit und Rückverfolgbarkeit der Produktionsabläufe sprechen für den Einsatz von Robotiklösungen. Aber auch die Gesundheit der Belegschaft wird geschont: Die Maschinen werden zunehmend eingesetzt, um schwere Lasten zu tragen oder gefährliche Stoffe zu handhaben. Auch können sie Arbeiten in aggressiven Umgebungen verrichten, beispielsweise in Kühlhäusern. Die Europäische Union fördert die Robotik aufgrund dieser vielfältigen Potenziale im Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020“ als Schwerpunktthema.
In Ergänzung der klassischen Industrieroboter drängen unterdessen immer mehr Serviceroboter auf den Markt – also Maschinen, die den Menschen bei der Arbeit unterstützen. Nach Angaben der International Federation of Robotics werden zwischen 2012 und 2015 weltweit mindestens 93.000 neue professionelle Serviceroboter im Wert von 12,5 Milliarden Euro verkauft.
Rapide Entwicklung bei Hardware und Software
Professionelle Serviceroboter sind mit neuen Fähigkeiten ausgerüstet: Sie können ihr Umfeld erfassen und interpretieren, sind lernfähig und lassen sich selbst durch Laien für neue Aufgaben instruieren. Flexibel und autonom, übernehmen sie – teils mit Sprach- oder Gestensteuerung – an der Seite des Menschen komplexe Aufgaben und führen Handlungen individuell aus. Mit der wachsenden Tendenz zu einheitlichen Hard- und Softwarestandards sind zudem immer mehr Komponenten im Baukastenprinzip verknüpfbar. Der Trend geht zu „Apps“, wie sie aus dem Markt für mobile Endgeräte bekannt sind.
Die direkte Zusammenarbeit mit dem Menschen erweist sich dabei als entscheidendes Erfolgskriterium für zukünftige Anwendungen. Wenn ein Roboter – wie bisher üblich – von menschlichen Arbeitskräften durch Zäune abgeschirmt werden muss, sind die Einsatzszenarien begrenzt und der Platzbedarf groß. Neuere Modelle wie „Iiwa“ von Kuka oder „Baxter“ von Rethink Robotics basieren jedoch auf Leichtbautechnologien und können dank ihres geringen Gewichts sowie ihrer ausgefeilten Sensorik mit den Menschen „Hand in Hand“ arbeiten. Dies bewährt sich überall dort, wo Roboter noch an ihre Grenzen stoßen, sei es aufgrund der Komplexität der Arbeitsprozesse oder wegen technischer Limitierungen bei der Bilderkennung und der eingeschränkten Greiftechnik.
Einsatzszenarien in regionalen Schwerpunktbranchen
Im Rahmen der Weiterbildungsinitiative Robotik des Landes Bremen wurden bereits vielfältige neue Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt, die besonders für Unternehmen aus den Schwerpunktbranchen im Nordwesten interessant sind. So ist beispielsweise bereits absehbar, dass Serviceroboter in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Wartung von Windenergieanlagen spielen werden – insbesondere auf hoher See, wo die Arbeit oft gefährlich ist. Auch in der Lebensmittelindustrie sehen Experten enormes Potenzial, Arbeitsplätze ergonomischer zu gestalten, weil dort häufig schwere Lasten gehoben oder tiefe Temperaturen ausgehalten werden müssen. Nicht zuletzt kann auch der Logistikbereich stark profitieren, wenn Kisten und Säcke nicht mehr auf Kosten der Wirbelsäulen und Gelenke von den Mitarbeitern bewegt werden müssen.
In der Weiterbildungsinitiative hatten mehrere Institute und Unternehmen ihre Kompetenzen gebündelt: das BCM (Bremer Centrum für Mechatronik), das BIBA (Bremer Institut für Produktion und Logistik GmbH), das DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz), das IAT (Institut für Automatisierungstechnik), das ITB (Institut Technik und Bildung), die AG Robotik der Universität Bremen sowie die Schulz Systemtechnik GmbH. Auch die Berufliche Bildung Bremerhaven war über ein EFRE-gefördertes Projekt eingebunden: den Aufbau eines Robotiklabors für die Ausbildung zukünftiger Fachkräfte.
Berufsbegleitende Weiterbildung startet im Februar
Die Erkenntnisse aus den Teilprojekten, in denen verschiedene Bildungsangebote entwickelt und umgesetzt wurden, fließen nun in eine weiterführende Maßnahme ein: die Konzeption einer berufsbegleitenden Weiterbildung „Robotik und Automatisierung“, die im Februar 2015 startet und an der Akademie für Weiterbildung der Universität Bremen angeboten wird (eine Informationsveranstaltung findet am Dienstag, 20. Januar, ab 17 Uhr im TAB-Gebäude, Am Fallturm 1, Zentralbereich, Raum B 1300, statt).