Der harte Kampf nach dem Boom
Bremens Multimedia-Wirtschaft mitten in der Konsolidierung.
Aus dem Weser-Kurier vom 14.08.2003
Das Jahr 2002 war für diejenigen Unternehmen der Medienbranche, die elektronische Produkte herstellen, ein Jahr der Rekord-Umsätze, aber auch der Rekord-Pleiten. Jeder neunte „New-Media“-Dienstleister in Deutschland überlebte das Jahr nicht. Wer dem Negativ-Trend trotzte, konnte die Umsatzrückgänge aus Großprojekten mit Geschäften aus kleineren und Folgeaufträgen mehr als ausqleichen. Dieses Fazit zieht der Branchendienst „iBusiness“ des Hightext-Verlags aus seiner aktuellen Jahresstudie.
Der Untersuchung liegen die Firmenprofile und Umsatzzahlen von 3.000 Unternehmen zu Grunde, was laut Hightext einem Marktanteil von 80 Prozent entspricht, Für das Land Bremen lägen entsprechende Statistiken zwar nicht vor, sagt Oliver Wächter, Vorstandsvorsitzender des Vereins bremen multimedial e.V. Sichtbar sei aber, dass etliche Firmen nach dem Branchen-Boom, der etwa bis zum Jahr 2000 reichte, vom Markt verschwunden seien. Andere hätten sich in reduzierter Besetzung neu aufgestellt, zum Teil unter anderem Namen und mit höherer Spezialisierung.
156 Einträge enthält zurzeit die Mitgliederliste des Vereins bremen multimedial, etwa zwei Drittel davon sind Multimedia Dienstleister. Weil der „Hype“ in Bremen
flacher ausfiel als in anderen Regionen, sei der Einbruch in den vergangenen zwei Jahren hier weniger dramatisch geblieben, berichtet Wächter. Inzwischen komme wieder Freude über steigende Mitgliederzahlen auf.
Diejenigen, die die Marktkonsolidierung überlebt haben, müssen jetzt härter als früher um Aufträge kämpten. „Die Zeit der großzügigen Rahmenverträge ist vorbei“, schildert Silke Melzer-Lechterbeck, ebenfalls im Vorstand von bremen multimedial, die Situation. Viele Kunden, darunter vor allem größere Firmen, würden sich mit dem Notwendigsten begnügen. Ein Investitionsstau bei den Auftraggebern sei die Folge. Zudem seien die Ansprüche gestiegen, Nicht
selten hätten die Kunden eigenes Multimedia-Know-how aufgebaut.
Nach wie vor gebe es jedoch Sparten mit hoher Dynamik, räumt Melzer-Lechterbeck ein. Dazu zählten Projekte, in denen es um elektronische Beschaffungssysteme („eProcurement“) oder auch um Unterhaltung und Film gehe. Welche Schlussfolgerungen zieht der Verein bremen multimedial aus dieser Situation? „Wir versuchen, Orientierung zu bieten, Kontakte zu erleichtern und die Auftragsakquisition unserer Mitglieder zu unterstützen“, sagt Oliver Wächter.
So werde Interessierten mit dem monatlichen „network multimedial“ die Chance geboten, laufend aktuelle und künftige Trends aufzunehmen. Beim sporadischen
„dialog multimedial“ gehe es um den Austausch mit Entscheidern aus Politik und Wirtschaft. Und mit dem Gemeinschaftsstand auf der diesjährigen Messe „Mittelstandonline“ (28/ big/28. August) leiste der Verein erneut kleineren Firmen Hilfestellung bei der Kundenakquisition.
Aufmerksam verfolqen die im Branchenverein organisierten Firmen und Einrichtungen auch, welchen Kurs das Land Bremen beim qeplanten Medienzentrum im Faulenquartier einschlägt. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der BIA Bremer Innovations-Agentur GmbH werden zureit die Möglichkeiten und Kooperations-Potenziale ausgelotet.
„Wir müssen jetzt daraus etwas machen, aber beim Thema ‚Subventionen‘ treten wir auch für Chancengleichheit ein“, beschreibt Silke Melzer-Lechterbeck die Marschroute.
Redakteur Reinhard Wirtz
Hier finden Sie eine kleine Linksammlung zur Krise der „new economy“ und dem Platzen der „Dotcom-Blase“ zur Jahrtausendwende:
Handelsblatt.com von März 2010