Influencer*innen – was ist erlaubt und was nicht?

„Wo Werbung drin ist, muss auch Werbung drauf stehen“, sagt Cornelia Holsten. Eigentlich ganz einfach. Aber dann doch wieder nicht, denn auf Youtube und Instagram ist das mit der Werbung längst nicht so eindeutig wie mit der Waschmittelreklame im Fernsehen. Cornelia Holsten ist Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt und Vorsitzende der DLM (Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten). Sie setzt sich seit Jahren mit der Werbekennzeichnung in sozialen Netzwerken, Regulierungsthemen und Jugendmedienschutz auseinander.

Darum war sie beim jüngsten Stammtisch von bremen digitalmedia am 29. August 2019 der ideale Gast zum Thema Influencer. Welche Produkte muss man kennzeichnen, welche nicht? Was passiert, wenn man eine Abmahnung erhält? Die rund 25 Teilnehmenden hatten jede Menge Fragen und wollten zum Beispiel wissen: Ab wann ist man eigentlich ein Influencer?

Darauf hatte Fabian Nolte (@dailyknoedel) eine Antwort. Er hat einen eigenen Youtube-Kanal mit knapp 22.000 Abonnenten, bereits einen Webvideopreis gewonnen und war bis vor einiger Zeit regelmäßig bei Bremen Vier zu hören. Aktuell arbeit er als Autor und Darsteller an diversen fiktionalen Projekten wie Webserien und YouTube-Formaten. „Die Reichweite allein ist kein Kriterium dafür, ob man ein Influencer ist oder nicht“, sagt er. Man müsse den Einzelfall sehen, bei Nischenprodukten etwa sei eine große Reichweite schließlich gar nicht möglich. Er selbst bezeichnet sich nicht als Influencer: „Ich habe meinen Kanal seit 2010. In der Schule war das nicht cool, sondern eher freaky. Wir Youtuber waren damals eine Subkultur, in der jeder jeden kannte und es war verpönt, Werbung zu machen und dafür Geld zu nehmen.“

Heute ist das anders. Das vermeintlich schnelle Geld lockt und influencende Person zu sein ist inzwischen kein Hobby mehr, sondern ein Berufsziel. Das bringt jede Menge Arbeit für Cornelia Holsten mit sich. Die Landesmedienanstalt ist für den Schutz der Nutzer, Jugend,  Menschenwürde sowie der Medien- und Meinungsvielfalt zuständig – die Werbekennzeichnung ist da ein großes Thema. „Natürlich muss man Werbung grundsätzlich und damit auch in den Sozialen Medien kennzeichnen“, sagt Holsten. „Als Landesmedienanstalt suchen und finden wir immer was, dann weisen wir darauf hin und in rund 80 Prozent der Fälle wird es dann auch nicht mehr gemacht.“

In Streitfällen jedoch ist eine Entscheidung gar nicht so einfach. Zum Medien- kommt noch das Wettbewerbsrecht dazu, außerdem entscheiden oftmals Richter älterer Generationen, die Social Media nicht nutzen und entsprechend keinen Bezug dazu haben. Anlass für Diskussionen gibt laut Holsten auch immer wieder der Verband sozialer Wettbewerb, der regelmäßig Abmahnungen verschicke, aber letztendlich eigene Interessen der Mitglieder verfolge und über Abmahnungen versuche, die Werbebudgets zurückzuerobern. „Wenn eine Abmahnung kommt, bloß nicht sofort unterschreiben, sondern sich von einem Profi beraten lassen“, lautet darum auch der Tipp der Expertin. Manche Abmahnungen seien nicht gerechtfertigt, das sollte unbedingt geprüft werden. Um Abmahnungen zu vermeiden, sei es auch keine Lösung, einfach jedes Produkt, über das man spreche, als Werbung zu kennzeichnen. „Das verwässert nur den Begriff Werbung und bringt uns auch nicht weiter.“

Holsten rät dazu, Ruhe zu bewahren und sich bei der Werbekennzeichnung auf sein Bauchgefühl zu verlassen. „Man weiß doch selbst, ob man Werbung macht oder nicht. Ob man zum Beispiel das T-Shirt einfach nur so angezogen hat oder ganz bewusst, damit die Marke zu sehen ist.“ Um Influencer besser zum Thema Werbekennzeichnung zu informieren und ein Bewusstsein zu schaffen, rät Fabian Nolte dazu, dass Influencer einen Verband oder Vereinigung gründen sollten, um dort zum Beispiel Richtlinien zu verankern. „Influencer starten mit ihrem Kanal und stehen da doch erst mal alleine. Manche handeln ja nicht in böser Absicht, wenn sie etwas nicht kennzeichnen, sondern wissen es einfach nicht besser.“ Apropos besseres Wissen: Der nächste Stammtisch von bremen digitalmedia findet statt am 8. Oktober 2019 in Kooperation mit der Kunsthalle Bremen. Thema ist unter anderem die Digitalisierungsstrategie der Kunsthalle und die Frage, wie man eigentlich ein Kupferstichkabinett digitalisiert.