Interesse an IT-Berufen und Unterricht zu Digitalthemen steigt

Das Interesse an technischen Berufen ist gestiegen – jeder vierte Schüler kann sich vorstellen, später einmal im IT-Bereich zu arbeiten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Befragung des Hightech-Verbands Bitkom. „IT spielt in immer mehr Bereichen der Wirtschaft eine große Rolle“, sagt Ira Diethelm, die an der Universität Oldenburg die Abteilung „Didaktik der Informatik“ leitet. Die Professorin setzt sich für ein Gesamtkonzept für die informatische Bildung von der Grundschule bis zum Abitur ein.

Die Informationstechnologie und vor allem das Internet gewinnen schon im Alltagsleben von Kindern immer mehr an Bedeutung. „Schüler haben ein großes Interesse, verschiedene Themen der digitalen Welt in der Schule zu behandeln“, sagt Diethelm, die sich bereits seit 2000 mit der Gestaltung und Ausbildung im Schulfach Informatik beschäftigt.

Auch eine weitere Bitkom-Umfrage zeigt, dass viele Schüler Digitalthemen stärker im Unterricht behandeln wollen: Die große Mehrheit wünscht sich, dass mehr über rechtliche Aspekte des Internets gesprochen wird. Zwei Drittel möchten mehr über Themen wie Urheberrecht und Bildrechte lernen. Jeder Zweite würde darüber hinaus von seinen Lehrern gerne etwas über richtiges Verhalten in sozialen Netzwerken und Chats erfahren, 45 Prozent suchen Hilfe rund um Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre.

Spielerischer Informatik-Unterricht schon in der Grundschule

„Informatik-Unterricht muss mehr als Programmieren sein“, fordert Diethelm daher. Wichtig sei, sowohl technische Details als auch gesellschaftliche Hintergründe zu beleuchten. „Informatisches Allgemeinwissen brauchen alle“, erklärt sie. „Ob Landwirtschaft, Automobilindustrie oder Banken – IT hat mittlerweile in allen Bereichen des alltäglichen Lebens Einzug gehalten und wird überall benötigt.“

Die Expertin spricht sich deshalb dafür aus, dass Schüler möglichst früh mit dem Fach in Berührung kommen. In den niedrigeren Klassen könne dies zum Beispiel mit einem spielerischen Ansatz wie dem Programmieren von kleinen Spielen umgesetzt werden. In den höheren Klassen hingegen könne man sich darauf aufbauend mit rechtlichen Aspekten und dem Umgang mit Medien auseinandersetzen. Diethelm: „Um Digitales beurteilen zu können, muss ich es verstehen.“

Tandem-Variante aus Wirtschaft und Lehrkräften

Derzeit gebe es allerdings zu wenig ausgebildete Lehrer, um das Fach Informatik als Pflichtfach anzubieten, so Diethelm, die auch Fortbildungen für Informatik-Lehrer aus Bremen und Niedersachsen veranstaltet und regelmäßige Treffen unter den Lehrkräften mitorganisiert. Ihre Professur für Didaktik der Informatik an der Universität Oldenburg ist derzeit die einzige in Niedersachsen – in Bremen gibt es keine, da man dort Informatik auch nicht auf Lehramt studieren kann.

Diethelm spricht sich zunächst für eine Einführung des Informatik-Unterrichts als Wahlfach aus – „parallel dazu müssen natürlich Lehrkräfte ausgebildet werden.“ Dabei setzt die Expertin auf eine Tandem-Variante – sie will Wirtschaft und Lehrerpersonal zusammenbringen, um ein ausgewogenes Angebot an Fachwissen und Praxisbezug zu gewährleisten.

Wichtig sei auch, dass die Lehrkräfte digitale Medien nicht nur verstehen, sondern im Unterricht selbst darauf zurückgreifen und keine Scheu vor der Benutzung zeigen. „Für eine Pflichtfach-Einführung braucht es eine konkrete Agenda mit Themen und Weiterbildungsmaßnahmen. Für eine flächendeckende Umsetzung benötigt man einen Vorlauf von mehreren Jahren“, so Diethelm. „Aber man muss jetzt anfangen.“

Modellversuch als Vorlage für Unterrichtsgestaltung

Erste Ergebnisse sind im Rahmen des Modellversuchs „Intech“ entstanden. Damit sollte ein Unterbau für das Fach Informatik geschaffen werden, das an einigen Gymnasien in Niedersachsen bereits eingeführt wurde. Der Modellversuch lief von 2006 bis 2012 und wurde vom Niedersächsischen Kultusministerium, der Universität Göttingen sowie der Universität Oldenburg unterstützt.
„Intech“ sollte die Schüler der Sekundarstufe I an technikbezogene Inhalte und Arbeitsweisen heranführen und das Interesse für informatisch-technische Studiengänge wecken. Die Erkenntnisse flossen unmittelbar in die Entwicklung der Curricularen-Vorgaben für das Fach Informatik sowie in die Lehrerweiterbildung in Niedersachsen ein. „Das war ein sehr guter Ansatz, den ich mir auch für Bremen wünschen würde“, sagt Diethelm.