Juristendeutsch verstehen: „LawCheck“ spürt Widersprüche in Gesetzen automatisiert auf

Wissenschaftler des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) entwickeln zusammen mit der Gradient Systemintegration GmbH neue Methoden zur automatisierten Analyse von Gesetzestexten. Im Projekt „LawCheck“ sollen komplizierte Regularien durch Techniken aus dem Schaltkreisentwurf und der natürlichen Sprachverarbeitung zu einfachen Bausteinen umgewandelt und Widersprüche aufgedeckt werden. „Das hilft, Juristendeutsch zu verstehen und Rechtssicherheit zu gewinnen“, teilt das DFKI mit.

Häufig ist das Lesen von Gesetzestexten schwer und erfordert besonderen Sachverstand. Widersprüchliche Aussagen in juristischen Begründungen oder unvollständige Bestimmungen kann der Laie nicht erkennen. Mit „LawCheck“ will der DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems (CPS) in Bremen dafür sorgen, dass Gesetzestexte automatisiert geprüft und am Computer einfach bearbeitet werden können.

Die Forscher nutzen dafür Textanalyseverfahren. Zunächst werden die Sätze des Textes in ihre einzelnen Bausteine wie Objekt, Verb, Adjektiv, Präposition zerlegt und Schlüsselwörter erkannt. Anschließend wandelt das System den Input der natürlichen Sprache mithilfe formaler Methoden aus dem Schaltkreisentwurf in einen logischen Ausdruck um. Damit kann die juristische Begründung auf Widerspruch und Vollständigkeit geprüft werden.

Da die menschliche Sprache oft mehrdeutig ist, entwickeln die Wissenschaftler zusätzlich eine interaktive Schnittstelle. Dabei tritt ein Dialogsystem mit dem Nutzer in Kontakt und stellt Rückfragen, sobald Unklarheit auftritt – z.B. durch ein Wort mit zwei Bedeutungen. So können mehrfach auslegbare Sachverhalte eindeutig definiert werden.

Anwendungsfall ärztliche Gebührenordnung

Konkret betrachten die Wissenschaftler ein besonders anspruchsvolles Feld: die Überprüfung gesetzlicher Regularien in ärztlichen Gebührenordnungen. Die Gradient Systemintegration GmbH entwickelt hier bereits seit Jahren Verfahren zur automatischen Abwicklung der ärztlichen Abrechnungen. Damit kann geprüft werden, ob Rechnungen nach den geltenden Bestimmungen erstellt wurden.

Kommen neue gesetzliche Regelungen hinzu, müssen diese bisher manuell in die Software eingepflegt werden – eine Aufgabe, die selbst für Experten aufwändig und zeitraubend ist. Mit „LawCheck“ soll dieser Prozess nun nicht nur automatisiert werden: Die resultierenden logischen Ausdrücke können zugleich auch zur Analyse von Widersprüchen und Unvollständigkeiten genutzt werden. „Bis heute kann nicht sicher gesagt werden, ob die hier greifenden gesetzlichen Regularien in sich konsistent sind oder ob sich einzelne Gebührenordnungspositionen widersprechen“, erklärt Robert Wille, der von Seiten des DFKI das Projekt leitet. „Mit ‚LawCheck‘ schaffen wir die Grundlage, dies in Zukunft prüfen zu können.“

Im Projekt wird die Expertise aus verschiedenen Gebieten intelligent genutzt. So liegt der Fokus des Forschungsbereichs CPS unter Leitung von Prof. Rolf Drechsler auf dem qualitätsorientierten Entwurf von cyber-physikalischen und kognitiv adäquaten technischen Systemen. Diese kommen unter anderem in komplexen Geräten wie Mobiltelefonen oder Assistenzsystemen im Auto zum Einsatz.

In Hinblick auf die Komplexität, Widerspruchsfreiheit und Korrektheit solcher Systeme lassen sich Parallelen zum oben beschriebenen Anwendungsbereich ziehen. Lösungen, die bisher vor allem im Schaltkreis- und Systementwurf angewandt wurden, können für die Analyse natürlichsprachlicher Texte eingesetzt werden. LawCheck wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert. Das Projekt hat eine Laufzeit von 1,5 Jahren (Januar 2013 – Juni 2014).