Kann Künstliche Intelligenz das Klima retten?

Wie viele Bäume gibt es auf der Erde? Diese Frage will das amerikanische Start-up „SilviaTerra“ beantworten. Das Start-up läuft über das Programm „AI for the Earth“ (Künstliche Intelligenz für die Erde), hier gelangen Sie zu dem Artikel von Microsoft.  SilviaTerra nutzt das Programm Microsoft Azure und kann darüber hochauflösende Satellitenbilder von Wäldern herstellen. Mittlerweile hat das Unternehmen ein System gebildet, das in wenigen Wochen über 90 Milliarden Bäume im ganzen Land gezählt hat und sogar zeigen kann, wo sie sich befinden. Umweltschützende, Regierungen und Grundbesitzende brauchen die Bestandsaufnahmen der Wälder, um eine ökologische, soziale und wirtschaftliche Stabilität zu erstellen. Durch den Einsatz von KI, Cloud-Software und Machine Learning können die Experten dieser Fachbereiche zusammenarbeiten, die Auswirkungen des Klimawandels untersuchen und Lebensräume verbessern.

Viele Anwendungsfelder von der Landwirtschaft bis zum Artenschutz

Und es gibt zahlreiche weitere Beispiel und Projektideen: Wissenschaftler*innen vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig haben gezeigt, wie sich landwirtschaftliche Nutzflächen und Wälder besser beobachten lassen. Denn die Satelliten-Bilder auf diese Flächen werden oft durch Wolken gestört. Mit maschinellem Lernen können Lücken in den Bildern ausgeglichen werden.

Auch können mittels KI gebündelte Echtzeitdaten verschiedener Verkehrsträger den klimafreundlichsten Weg durch die Stadt anzeigen, Empfehlungen für einen klimagerechten Waldumbau abgeleitet, industrielle Prozesse umweltfreundlicher gesteuert oder Nitrat im Grundwasser vorhergesagt und nachhaltig reduziert werden.

Viele gute Ideen, die auch der Bund fördern möchte: Das Bundesumweltministerium hat im Sommer 2019 seine Förderinitiative „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ gestartet. Gesucht sind Projekte, die Künstliche Intelligenz nutzen, um ökologische Herausforderungen zu bewältigen. Das Programm wurde in 2020 um weitere 20 Millionen Euro auf rund 45 Millionen Euro aufgestockt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Es geht darum, digitale Technologien sinnvoll für gesellschaftliche Zwecke einzusetzen. Es gibt unzählige Anwendungsfelder über nachhaltige Landwirtschaft bis hin zum Artenschutz. Gleichzeitig müssen wir bestehende ökologische Risiken wie etwa den Energieverbrauch eindämmen.“

Hoher Energieverbrauch der KI

KI verbraucht tatsächlich Unmengen an Energie. Wenn Christiano Ronaldo ein Foto für seine 199,2 Millionen Instagram-Follower postet, verbraucht er 30 Megawattstunden Energie. Das entspricht dem Energieverbrauch von sechs deutschen Großfamilienhaushalten pro Jahr.

Und Forscher, die weitaus komplexere Sachen am Rechner machen, verbrauchen sogar noch größere Mengen Strom: Mitarbeitern des Unternehmens OpenAI in San Francisco haben Ende des vergangenen Jahres einen Algorithmus entwickelt, der durch Ausprobieren lernt, wie man die Teile eines Zauberwürfels mit einer Roboterhand manipuliert. Dafür waren tausend Desktop-Computer und ein Dutzend Computer mit speziellen Grafikchips im Einsatz. Über mehrere Monate hinweg haben sie intensive Berechnungen durchgeführt. Der Energieverbrauch des Experiments lag bei etwa 2,8 Gigawattstunden, das entspricht in etwa der Leistung von drei Kernkraftwerken pro Stunde.

Auch lauern Gefahren: Hacker könnten Frühwarnsysteme für Naturkatastrophen angreifen oder KI-Systeme könnten in Stromnetze mit falschen Daten arbeiten und die Regelenergie falsch berechnen, was zu einem Blackout führen kann. Windräder könnten sich aufgrund gefälschter Wetterdaten falsch zum Wind ausrichten, sodass die Anlage Schaden nimmt. Datenschutz und Datensicherheit sind ebenfalls wichtige Themen für die KI.

Bewusstsein schaffen: Wann ist die Anwendung von KI wirklich sinnvoll?

Darum ist es wichtig, ein Bewusstsein für Chancen und Risiken der KI für den Klimaschutz zu schaffen. Datenexpertin Carina Fron sagte dazu in einem Interview im Deutschlandfunk: „Transparenz ist meiner Meinung nach ganz wichtig. Jedes Mal, wenn wir eine Suchmaschine benutzen, Filme gucken oder die Apps der öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, schaden wir im weitesten Sinne auch der Umwelt. Bewusstsein dafür lässt sich nur schaffen, wenn einem das wirklich deutlich gemacht wird. Ich finde die Idee nicht schlecht, einen Warnhinweis für sehr Datenintensive Anwendungen einzuführen – damit ich als Verbraucher auch weiß, was ich tue.“ Oder anders gesagt: Den Geburtstag der Lebensgefährtin oder des Partners muss man vielleicht nicht jedes Jahr wieder über eine Facebook-Recherche herausfinden. Und die Welt geht sicher auch nicht unter, wenn Forscher auf das eine oder andere Zauberwürfel-Experiment verzichten.