Maritime Wirtschaft digitalisiert sich

Am 19. und 20. Mai treffen sich rund 1000 Vertreter aus zahlreichen EU-Ländern in Bremen, um im Rahmen des „European Maritime Day“ über die zukünftige Strategie in der Meerespolitik zu beraten. Die Wahl des Austragungsortes basiert nicht zuletzt auf den zahlreichen Anschauungsobjekten, die in der Hansestadt zu begutachten sind. Sowohl die Wissenschaft als auch die Wirtschaft verfügen hier über große Kompetenz im maritimen Bereich. Immer wichtiger wird dabei auch die Informationstechnologie. Für kleine und mittelständische Unternehmen bieten sich dort attraktive Chancen, in Zukunftsmärkte vorzudringen.

Die Meere sind aus mehreren Gründen ein vielversprechendes Betätigungsfeld. Einer davon sind die Vorräte an Rohstoffen, die am Meeresboden schlummern, weil sie bis jetzt nur unter großem Aufwand oder gar nicht geborgen werden konnten. Angesichts steigender Preise für Öl, Seltene Erden und andere Ressourcen wurde die technologische Entwicklung in den vergangenen Jahren jedoch vorangetrieben, sodass der Bergbau in den Ozeanen zurzeit an Fahrt aufnimmt.

Ein zweiter Grund ist die Offshore-Windenergie, die trotz des aktuellen Feilschens um das Erneuerbare-Energie-Gesetz weiter an Bedeutung gewinnt – und zwar weltweit. Auch der kontinuierlich wachsende internationale Warenverkehr auf den Meeren und der ebenso steigende Bedarf an Nahrung – der beispielsweise verstärkt durch Aquakulturen gedeckt werden kann – spielen eine Rolle. Der Umweltschutz bietet ebenfalls interessante Nischen.

Umweltschutz und Sicherheit auf See

Zurzeit sind noch überwiegend Großunternehmen und Forschungseinrichtungen in den maritimen Märkten der Zukunft tätig. Gerade die Wissenschaftler suchen jedoch oft gezielt nach mittelständischen Unternehmen, mit denen sie kooperieren können. Das Land Bremen hat sich in diesem Zusammenhang insbesondere das Thema „Sicherheit auf See“ auf die Fahnen geschrieben – dabei geht es beispielsweise um die Vermeidung von Unfällen und um Rettungseinsätze, aber auch um das Umweltmonitoring, also die Entdeckung von Umweltverschmutzungen und die Überwachung des ökologischen Gleichgewichts.

Dieses Themenfeld wird bereits seit einigen Jahren im Rahmen des regionalen Kompetenzclusters „Marissa“ bearbeitet (kurz für „Maritime Safety and Security Applications“). Dort haben sich Unternehmen mit Schwerpunkten wie Satellitentechnologie und Logistik zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist die Sicherung von Häfen, Seewegen und ganzen Logistikketten zum Schutz vor Unfällen, Umweltgefahren, Terror und Piraterie. Gerade die Satellitentechnologie, die in Bremen mit der OHB AG und Astrium sehr stark vertreten ist, bietet hier umfassende Möglichkeiten.
Allerdings gibt es auch Raum für Unternehmen, die nicht selbst Satelliten in die Umlaufbahn bringen können. Die EU macht zunehmend Satellitendaten für die Allgemeinheit verfügbar, beispielsweise im Rahmen des Programms „Copernicus“. Hier stehen umfassende Informationen auch für die kommerzielle Nutzung bereit.

Roboter für die Arbeit am Meeresgrund

Erhebliche Potenziale werden auch in der Robotik gesehen, die noch immer in den Kinderschuhen steckt und viel Raum für quereinsteigende IT-Unternehmen bietet. Auch hier verfügt das Land Bremen über einen starken Kern an Akteuren: Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Institut Marum, die Universität Bremen, die Jacobs University und das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven haben sich beispielsweise mit zehn weiteren Partnern zur Robex-Allianz zusammengeschlossen („Robotische Erkundung unter Extrembedingungen“).
Gemeinsam wollen sie Robotiksysteme entwickeln, die unter Wasser ihre Dienste verrichten. Ein Einsatzszenario ist beispielsweise die Wartung von Kabeln, Leitungen, Windenergie-Fundamenten und Hafenanlagen. Auch der Abbau von Rohstoffen ist mittelfristig ein Ziel. Um das Know-how im Bereich Unterwasserrobotik zu stärken, hat das DFKI mit Unterstützung der EU kürzlich das Projekt „Robocademy“ gestartet. Es hat die Qualifizierung von jungen Nachwuchswissenschaftlern in diesem Bereich zum Ziel – unter Beteiligung von Unternehmen.

Auch in Oldenburg werden maritime Technologien mit erheblichem Potenzial entwickelt. Das Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der dortigen Uni widmet sich unter anderem der Entwicklung von Sensoren, die der Überwachung von Umweltbedingungen dienen. Zwischen den ostfriesischen Inseln Langeoog und Spiekeroog wurde beispielsweise ein Messpfahl installiert, der vielfältige Daten über Nährstoffgehalt und Sedimentbewegungen im Wasser sammelt. Beim Megatrend des „Internets der Dinge“ werden auch die Meere nicht ausgespart bleiben.

Fördertöpfe sind gut gefüllt

Unternehmen, die in diesen Bereichen aktiv werden möchten, haben gute Chancen auf Förderung. Neben den meist kooperationswilligen wissenschaftlichen Einrichtungen stehen auch seitens des Staates verschiedene Förderer bereit. Ein wichtiger Baustein ist dabei der „Nationale Masterplan Maritime Technologien“ (NMMT), den die Bundesregierung 2011 veröffentlicht hat. Er soll die Entwicklung neuer Lösungen gezielt vorantreiben.

Dabei kann auf verschiedene Fördertöpfe zugegriffen werden, beispielsweise das Programm „Horizon 2020“ der EU, „Maritime Technologien der nächsten Generation“ beim Bundeswirtschaftsministerium und „EFRE“ auf Landesebene. Darüber hinaus bietet die Wirtschaftsförderung Bremen regelmäßig Innovationswerkstätten und andere Veranstaltungen an, um die Akteure miteinander in Kontakt zu bringen.

Wer noch die nötige Inspiration sucht, kann den European Maritime Day dafür nutzen. Bereits am 18. Mai wird entlang des Weserufers ein Fest für die breite Öffentlichkeit veranstaltet. Am 19. und 20. Mai findet sich dann die Politprominenz in der Hansestadt ein: Zu den angekündigten Gästen zählen die EU-Kommissarin für Meerespolitik und Fischerei, Maria Damanaki, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Uwe Beckmeyer, Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen und Wirtschaftssenator Martin Günthner.