Praktika ermöglichen – Fachkräfte für die IT gewinnen
Im Zuge des Projektes „F.IT Frauen in IT“ fand jüngst ein Bedarfsworkshop mit Unternehmen der Bremer Digitalwirtschaft statt. Der adäquaten Betreuung von Menschen im Praktikum und den damit einhergehenden Herausforderungen kommen dabei eine Schlüsselrolle zu. Die Ergebnisse geben dem Projektteam wichtige Anhaltspunkte für eine im Herbst geplante Praktikumsinitiative.
Seit Ende vergangenen Jahres beschäftigt sich das F.IT Projektteam mit der Frage, wie mehr Frauen für IT-nahe Berufe gewonnen werden können und so zur Deckung des Fachkräftebedarfes in der Branche beitragen. Ein zentraler Baustein des Projektvorhaben ist eine für 2022 geplante Praktikumsinitiative, die interessierten Frauen erste Einblicke in die berufliche Praxis ermöglichen soll. Dabei sind insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund, langzeitarbeitssuchende und alleinerziehende Frauen angesprochen, die sich für eine Umschulung oder eine Weiterbildung interessieren. Auch junge Frauen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sollen mit der Initiative adressiert werden.
Praktika als Wegweiser für die Berufsentscheidung
Dass Praktika Interessierten bei der beruflichen Orientierung helfen können, ist keine neue Erkenntnis. Laut der Evaluation des Instituts L&R Sozialforschung, die ein Qualifizierungsprogramm in technischen und handwerklichen Berufen ausgewertet haben, empfanden Absolvent*innen ihr Praktikum als hilfreich, da es ihnen die Möglichkeit bot, Neues zu lernen und die Vielfalt der Berufswelt zu erkunden. Mehr noch: Das Praktikum wurde als Wegweiser für die Berufsentscheidung wahrgenommen und könne laut L&R die intrinsische Motivation von Mädchen und Frauen steigern, sich für einen Beruf in der Digital- und Tech-Branche zu entscheiden.
Doch was braucht es aus Sicht der IT-Wirtschaft, damit ein Praktikum für beide Seiten erfolgreich sein kann? Dieser Frage ging das F.IT Projektteam mit Vertreter*innen von team neusta, der encoway GmbH, der BTC AG und der Wamoco GmbH jüngst in einem gemeinsamen Workshop nach. Die Ergebnisse machen deutlich, dass das grundsätzliche Interesse Praktikumsplätze bereitzustellen, in jedem Fall gegeben ist. Deutlich wurde aber auch, dass die Strukturen in den Unternehmen stärker auf Praktikant*innen ausgerichtet werden müssen, um z.B. die Betreuung effektiv und nachhaltig gestalten zu können. Hinzu kommt die Einschätzung der Teilnehmenden, dass ein Praktikum ohne jegliche Vorkenntnisse in IT-Berufen nur schwer realisierbar sei.
Was braucht es, um ein Praktikum erfolgreich umzusetzen?
Einig waren sich die anwesenden Unternehmensvertreter*innen bei der Praktikumsdauer. Diese sollte mindestens vier bis sechs Monaten umfassen, damit Praktikant*innen eine reelle Chance auf einen Einblick in das Unternehmen und den Beruf erhalten und darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, in Projekten mitzuwirken. Die Frage nach der Betreuung wurde dabei
hoch priorisiert, da insbesondere zu Beginn eine 1:1-Betreuung notwendig sei. Dies zu gewährlisten sei im Arbeitsalltag eine große Herausforderung, auch da waren sich die Teilnehmenden einig. Obwohl die Unternehmen sehr heterogen aufgestellt sind, wurde der Bedarf an vereinheitlichenden Strukturen zur Betreuung von Praktikant*innen geäußert. Dies würde so die einhellige Meinung den Aufwand stark reduzieren, Kapazitäten freimachen und so die Bereitschaft erhöhen, Praktikumsplätze anzubieten.
Der Betreuungsaufwand nehme nach Einschätzung der Unternehmensvertreter*innen zudem in besonderem Maße zu, wenn ein*e Praktikant*in ohne Vorkenntnisse im IT-Umfeld ein Praktikum absolvieren möchte. Eine Mindestanforderung an Vorwissen – wie beispielsweise besonders herausragende naturwissenschaftliche Kenntnisse oder Softskills aus einem Nebenjob – müsse also vorhanden sein. Bei Menschen, die über einen Quer- oder Wiedereinstieg ins Praktikum starten, sollten laut der Workshopteilnehmenden bereits erste Erfahrungen im Informatikbereich vorhanden sein. Hier könne ein vorgelagerter Erprobungskurs helfen die Bewerbenden besser kennenzulernen. „Menschen auf dem zweiten Bildungsweg haben oft mit mehr Druck und Existenzängsten zu kämpfen. Da ist das Unternehmen auf der sozialen Ebene ganz anders gefragt als bei Schüler*innen im Praktikum“, sagt Sarah Fox von der Wamoco GmbH.
Pandemiebedingte Praktika im Home-Office – ein Konzept das bleibt?
Durch die Coronapandemie haben sich die Möglichkeiten von Praktika verändert. Eine Betreuung vor Ort konnte in den vergangenen zwei Jahren nicht immer geleistet werden. Fehlende Planungssicherheit und Einstellungsstopps in den Unternehmen kamen erschwerend hinzu. Dabei ist insbesondere für die Einarbeitung von Praktikant*innen im Quereinstieg oder Personen mit erhöhtem Betreuungsbedarf durch beispielsweise Sprachbarrieren die Anwesenheit vor Ort unbedingt notwendig. Für junge Praktikant*innen, die mit digitalen Tools groß geworden sind, wird das Home-Office dagegen oft weniger herausfordernd sein. Und dennoch kann ein Praktikum vor Ort in vielen Fällen mehr Sicherheit geben. „Unsicherheit tritt auf, wenn sie niemand im Arbeitsalltag begleitet und den Weg aufzeigt“, sagt Nina Dey von team neusta. Ein entscheidender Vorteil eines Praktikums im Home-Office: Praktikant*innen können auch über das sonst übliche Einzugsgebiet hinaus gewonnen werden.
Klare Strukturen können Attraktivität steigern
Der Austausch im Zuge des Workshops macht deutlich, dass das Projekt F.IT Frauen in IT an unterschiedlichen Stellen unterstützen kann. So können gezielt potenzielle Praktikant*innen angesprochen werden, die bereits erste Erfahrungen in und mit IT-nahen Tätigkeiten sammeln konnten. Außerdem kann gemeinsam mit Unternehmen eine Art Leitfaden erarbeitet werden, der künftig die strukturelle Umsetzung von Praktika vereinfacht und so das Angebot von Plätzen für mehr Unternehmen attraktiver macht.
Mehr Informationen zum Projekt sind hier erhältlich: https://www.bremen-digitalmedia.de/f-it-frauen-in-it/
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