Psychische Gesundheit in der IT-Branche: Was können Unternehmen zum Schutz der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden tun?
Unsere Arbeitswelt befindet sich im Umbruch: Prozesse verdichten sich. Die Erreichbarkeit steigt durch die Verwendung von Smartphones und Laptops. Arbeit von zu Hause erschwert oftmals die Trennung von Berufs- und Privatleben. Die Anforderungen an die Flexibilität wachsen. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklungen zum Teil noch beschleunigt. Um mögliche Folgen für das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit von Beschäftigten zu vermeiden, können Unternehmen Vorkehrungsmaßnahmen treffen.
Das Forschungsprojekt „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“, kurz flexigesa, hat hierfür einen digitalen Leitfaden entwickelt, in dem Unternehmen Arbeitshilfen und Tipps zum Schutz und zur Förderung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten erhalten. Dieser steht ab jetzt auf der Website des Projekts www.flexigesa.de zum Download bereit.
Arbeitsunfähigkeit wegen psychischen Erkrankungen nehmen zu
„In den letzten 20 Jahren haben psychische Erkrankungen als Grund für Arbeitsunfähigkeit zugenommen“, sagt Tobias Ubert, Projektmanager bei Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V. und einer der Autoren des Leitfadens. Nach Muskel-Skelett-Erkrankungen seien psychische Störungen mittlerweile der zweithäufigste Verursacher von AU-Tagen in Deutschland. „Unternehmen können aber etwas dafür tun, Ihre Beschäftigten vor Belastungen bei der Arbeit zu schützen. Mit unserem Leitfaden ‚Flexibel. Gesund. Arbeiten.‘ wollen wir sie dabei unterstützen“, so Ubert weiter.
Ein zentraler Baustein ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Arbeitgeber sind laut Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet diese durchzuführen. Hierbei werden Belastungen ermittelt, die im Rahmen der Arbeit entstehen können. Dies können z.B. hohe Arbeitsintensität sein oder mangelnde soziale Unterstützung am Arbeitsplatz. Falls Belastungen aufgedeckt werden, müssen Arbeitgeber Maßnahmen einleiten, um diese Belastungen zu reduzieren.
Praxisnah: Inhalte gemeinsam mit Bremer Software-Entwickler entwickelt
Der Leitfaden fasst die Maßnahmen zusammen, die von Wissenschaftler*innen der Jade Hochschule Oldenburg und dem Institut für Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit dem Software-Entwickler HEC aus Bremen im Rahmen des Projekts entwickelt und erprobt wurden. Bärbel Rolfes, Ansprechpartnerin für flexigesa bei der HEC GmbH sagt dazu: „Das Projekt unterstützt uns, den Herausforderungen rund um das Thema psychischen Gesundheit unserer Beschäftigten zu begegnen. Wir freuen uns, dass jetzt auch andere IT-Unternehmen von den Ergebnissen Projektes profitieren können.“
So finden sich in dem Leitfaden Methoden, psychische Belastungen im Betrieb zu ermitteln, wie z.B. Workshop-Formate oder Beschäftigtenbefragungen. Aber auch Wege, wie Belastungen reduziert werden können, werden aufgezeigt – zum Beispiel mit Hilfe von Gesundheitsretros, die das aus dem Scrum-Verfahren bekannte Format der Retro nutzen, um mögliche Belastungen durch die Arbeit zu ermitteln. Die Methoden werden schrittweise beschrieben, so dass IT-Unternehmen diese anhand des Leitfadens auch in ihrem Betrieb durchführen können. Zudem werden wichtige Grundlagen zum Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz vermittelt, weiterführende Literatur sowie relevante Ansprechpersonen aufgezeigt.
„Wir hoffen, mit dem Leitfaden einen Beitrag dazu zu leisten, die Arbeit in IT-Unternehmen gesundheitsförderlich zu gestalten. Die psychische Gesundheit der Beschäftigten spielt dabei eine wichtige Rolle“, fasst Tobias Ubert das Zielsetzung des Leitfadens zusammen.
Info: Das Projekt „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“
Der Leitfaden „Flexibel. Gesund. Arbeiten.“ wurde im Rahmen des Verbundprojekts flexigesa – „Flexible Dienstleistungsarbeit gesundheitsförderlich gestalten“ erstellt, das dazu beitragen will, gesündere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte zu schaffen. Insbesondere soll die psychische Gesundheit in Dienstleistungsunternehmen – am Beispiel von Unternehmen der IT-Entwicklung und der ambulanten Dienste – gefördert werden. Das Verbundprojekt basiert auf der Zusammenarbeit zwischen der Universität Bremen mit dem Institut Arbeit und Wirtschaft, der Jade Hochschule (Oldenburg), Gesundheitswirtschaft Nordwest e.V., Hanseatische Software-Entwicklungs- und Consulting GmbH und vacances mobiler Sozial und Pflegedienst GmbH. Es wird vom 01.02.2018 bis 31.01.2021 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Weitere Informationen finden Sie unter: www.flexigesa.de