Thermografisches 3D-Modell der Bremer Innenstadt
Forscher der Jacobs University haben ein hochpräzises thermografisches 3D-Modell der Bremer Innenstadt erstellt. Damit setzten sie das an der Universität entwickelte „ThermalMapper“-Verfahren zur thermografischen 3D-Modellierung von Innenräumen erstmals zur Analyse von Wärmeverteilung und Wärmeflüssen in einem größeren Freilandareal ein. Zielsetzung von ThermalMapper ist es, sogenannte Wärmebrücken, die einen Wärmeverlust an die Außenwelt verursachen, zu identifizieren, damit über geeignete Dämmmaßnahmen die Energieeffizienz von Gebäuden verbessert werden kann. Thermische Verluste, die beim Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen in unzureichend isolierten Gebäuden entstehen, sind heute immer noch die Ursache für enorme Energievergeudung: Einer EU-Studie zufolge besteht bei der Beheizung von Wohn- und Geschäftshäusern durch geeignete bauliche Maßnahmen ein Energiesparpotenzial von über 30 Prozent.
Roboter findet Wärmelecks
Oft ist es jedoch gar nicht trivial, die „Wärmelecks“ zu finden, um sie effizient eindämmen zu können. Helfen kann hier das an der Jacobs University entwickelte Verfahren „ThermalMapper“ zur Erstellung von präzisen digitalen Modellen der Wärmeverteilungen und Wärmeflüssen, das hochauflösende Umgebungsscans mit thermografischen Umweltmessungen zu einem hochdifferenzierten thermografischen 3D-Modell verbindet.
Dabei erfasst ein mobiler Roboter seine Umgebung durch einen dreidimensionalen Laserscan – Innenräume, aber auch Gebäudefassaden oder ganze Straßenzüge. Gleichzeitig misst er die räumliche Verteilung der Wärmestrahlung im untersuchten Areal. Spezielle, von Jacobs-Forschern entwickelte Algorithmen errechnen dann das thermografische 3D-Modell quasi in Echtzeit. „Mit den erhobenen Daten lassen sich virtuelle Rundgänge und Visualisierungen erzeugen, die Aufschluss über das Vorhandensein von Wärmebrücken geben und gleichzeitig Daten über ihre Form und Größe enthalten. Dadurch sind alle relevanten Parameter des Modells bekannt, die für eine thermische Simulation und die automatische Berechnung von Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert, früher k-Wert) nötig sind“, sagt Andreas Nüchter, Professor of Computer Science an der Jacobs University und Leiter der Arbeitsgruppe Automation, die an dem Projekt ThermalMapper arbeitet.
Demo-Video auf YouTube
Das Forscherteam um Andreas Nüchter nutzte nun das kalte trockene Wetter der letzten Tage, um ein virtuelles 3D-Modell der Wärmeverteilung in der Bremer Innenstadt zu erstellen. „Wir haben die Messungen nachts durchgeführt. Zum einen hatte so unser kleiner Roboter Irma3D (Intelligent Robot for Mapping A pplication in 3D) freie Fahrt über den tagsüber meist stark bevölkerten Rathausplatz; zum anderen – und das ist der Hauptgrund – sind thermografische Messungen unter freiem Himmel zum Aufspüren von Wärmebrücken nachts am genauesten. Schon diffuses Tageslicht bei bewölktem Himmel führt dazu, dass sich Außenflächen messbar aufheizen und so Wärmeverluste aus Innenräumen maskieren“, erklärt Dorit Borrmann, die seit 2009 an der Jacobs University promoviert und intensiv an der Verbindung der Methoden des 3D-Laserscannings und der Thermografie arbeitet.
Herausgekommen ist ein knapp 2minütiger virtueller Video-Rundgang über den Bremer Marktplatz und den Domshof, den man hier anschauen kann: Blaue Farben entsprechen Temperaturen ab -5 Grad; rot wird die Farbskala ab +10 Grad. „Es überrascht nicht, dass die ‚Hotspots‘, die in einer kalten Winternacht am meisten Wärme an die Umwelt abgeben, vor allem die großen Fenster der Kirchen, vom Rathaus und den anderen historischen Gebäuden sind. Ansonsten bleibt die Bremer Innenstadt erstaunlich ‚cool'“, kommentiert Andres Nüchter das Ergebnis.