Unternehmen können schon jetzt vom Einsatz der sicheren Authentifizierung profitieren, meint bos-Geschäftsführer Dr. Stephan Klein

Es ist wieder die Frage mit der Henne und dem Ei: Was kommt zuerst? Sind es die Menschen, die den elektronischen Personalausweis als nützliches Werkzeug erkennen, oder die Unternehmen und Behörden, die attraktive Anwendungen dafür entwickeln?

Bis jetzt legten beide Seiten keinen allzu großen Elan an den Tag, aber die Situation ändert sich langsam. Der elektronische Personalausweis kann helfen, die Kluft zwischen Datenschutz und Bedienungsfreundlichkeit zu überbrücken, und so haben mittlerweile 56 Anbieter eine staatliche Berechtigung zur Einbindung der Online-Ausweisfunktion beantragt und erhalten.

Neben Städten wie Hamburg, Köln und Bremen zählen auch viele Versicherungen und IT-Unternehmen zu den Pionieren. Aus der privaten Wirtschaft gehören die Allianz, Vodafone und die Deutsche Messe zu den bekanntesten Namen. 

Eins der beiden Identifizierungssystemen kommt aus Bremen

Der wesentliche Vorteil des neuen elektronischen Personalausweises (nPA) liegt in den umfassenden Authentifizierungsfunktionen. Dazu zählt, dass sich nicht nur der Inhaber des Ausweises eindeutig zu erkennen gibt, sondern zuerst die Einrichtung auf der anderen Seite, die dessen Daten anfordert. Der Anwender kann jederzeit selbst bestimmen, welche Daten er freigeben möchte und welche nicht.

Zwei elektronische Verfahren stehen zur Abwicklung der Authentifizierung zur Verfügung – die „AusweisApp“, die von Siemens, der Bundesdruckerei und der Firma OpenLimit entwickelt wurde, sowie der „Governikus Autent Client“ der bremen online services GmbH & Co. KG (bos). Letzterer basiert auf Java und bietet daher den Vorteil, dass er nicht lokal installiert werden muss, sondern im Internetbrowser ablaufen kann.

Zurzeit wickelt bos nach Angaben von Geschäftsführer Dr. Stephan Klein rund 10.000 Transaktionen im Monat ab. Ungefähr 90 Prozent davon seien E-Commerce-Anwendungen, der Rest E-Government. Beim E-Commerce wiederum dominieren die Versicherungen: die Techniker Krankenkasse ermöglicht beispielsweise ihren Mitgliedern, sich mit Hilfe des elektronischen Personalausweises via bos einzuloggen.

Einfach nur das Handy auf den Ausweis legen

Das Login mit dem nPA ist zum einen sicherer als mit einem herkömmlichen Passwort. Zum anderen kann es die Authentifizierung auf die Dauer bequemer machen, da man sich nicht mehr zahlreiche komplizierte Passwörter merken muss. Im Moment steht dem zwar noch der Nachteil gegenüber, dass für den nPA ein Lesegerät genutzt werden muss. Aber auch dafür werden schon einfachere technologische Lösungen entwickelt. Mit der Smartphone-App „Autent PINApp“ von bos können auf bestimmten Geräten beispielsweise verschiedene PINs bequem verwaltet werden. Dafür ist nur der Ausweis erforderlich. Die App steht kostenlos bei Google Play zum Download zur Verfügung (nähere Infos: bit.ly/N3QJNw).

„Unsere Vision ist es, die informationelle Selbstbestimmung der Bürger einfach und trotzdem sicher zu machen“, betont Klein. Der Personalausweis solle ein „Hochsicherheitsinstrument“ werden, das von jedem leicht zu bedienen ist.

Bremer Bürger kommen zuerst in den Genuss von „Bürgersafe“ und „Bürgerterminal“

Bevor sich die Technologie flächendeckend verbreitet, müssen jedoch attraktive Dienstleistungen bereitgestellt werden. bos hat als „didaktische Anwendung“ den „Bürgersafe“ entwickelt. Dort können alle Bremer Bürger kostenlos und sicher elektronische Dokumente speichern, beispielsweise Verträge, Steuererklärungen oder Kontodaten. „Wir wollen den Menschen anbieten, das mal ganz gefahrlos auszuprobieren“, so Klein. In Kürze soll das mögliche Volumen von 100 MB auf 1 GB erhöht werden.

Deutlich ambitionierter sind die „Bürgerterminals“, die bos entwickelt. Sie sollen helfen, Behördenangelegenheiten effizienter abzuwickeln. Vorgänge aus fünf Bereichen soll das System beherrschen: Meldeamt, Kfz-Zulassung, Gewerbeanmeldung, Ausländerangelegenheiten und Standesamt. Zwar wird wohl niemand am Bürgerterminal heiraten wollen, aber beispielsweise einfache Gewerbeanmeldungen könnten schnell und sicher auch außerhalb der Behördenöffnungszeiten erledigt werden.

Gewerbeschein aus dem Automat

bos ist laut Klein mit den Marktführern der Software für alle fünf Bereiche in fortgeschrittenen Gesprächen bzw. bereits in der Umsetzung. Zwei Test-Terminals befinden sich schon im Einsatz – in Bremen und Bremerhaven. Noch stehen sie „hinter dem Tresen“, können also nur von den jeweiligen Mitarbeitern bedient werden. Das Ziel ist es aber, sie den Bürgern direkt zugänglich zu machen, um die Angestellten zu entlasten und Vorgänge zu beschleunigen.

„Wir möchten die Terminals in ganz Deutschland aufstellen“, erklärt Klein. Neben Bremen sei bos bereits mit Berlin, Leipzig und Magdeburg im Gespräch. Zurzeit würden pro Gerät nur 200 Euro verlangt – „’n Appel und ’n Ei“, findet er. bos wolle den Kommunen helfen, dass sie überhaupt Anwendungen im Internet zur Verfügung stellen. Denn dauerhaft lebt das Unternehmen vor allem vom Vertrieb seiner Governikus-Software.

4 Millionen Ausweise freigeschaltet

Auch Firmen ermutigt Klein, sich mit dem elektronischen Personalausweis anzufreunden. „Das lohnt sich für jeden, der seine Kunden über das Internet wiedererkennen will“, sagte er, also beispielsweise Betreiber von Webshops oder Firmen, bei denen sich die Kunden einloggen, um Leistungen zu nutzen.

Die Zahl der Besitzer eines elektronischen Personalausweises, die den Identitätsnachweis freigeschaltet haben, erreicht auch mittlerweile die kritische Masse. 13 Millionen Menschen haben laut Klein bereits den nPA, 4 Millionen davon hätten sich freischalten lassen. Lesegeräte seien mittlerweile für 18 bis 20 Euro zu haben.

Und Klein hofft, dass die bos-Terminals in Zukunft zu einer noch größeren Akzeptanz beitragen: Wenn ein neuer Personalausweis ausgestellt wird, können die Behördenmitarbeiter direkt vor Ort auf die praktischen Nutzungsmöglichkeiten verweisen.